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Goldschmied, Mechaniker und Erfinder Christian Ferdinand Oechsle

Oechsle, der als Zeitgenosse Napoleons in Pforzheim lebte, ärgerte sich oft über seinen Wein. „Wenn man den Zuckergehalt des Mostes messen könnte, müsste es möglich sein, die Entwicklung des Weines besser voraussehen zu können“, sagte Oechsle und begann, ein Instrument zur Messung des Mostgewichtes zu bauen. Das Resultat seines Arbeitens war eine thermometerähnliche Schwimm- oder Senkwaage. Sie ist in ihrer Grundform bis heute erhalten. Die Skala der normalen Oechsle-Waage reicht gewöhnlich von 50° im oberen Teil des Glasstabes bis 130° im unteren. Der Most kommt in einen Messzylinder und wird auf 15° Celsius reguliert. Bleibt die Mostwaage bei 80° in der Schwebe, spricht man von einem „Mostgewicht von 80° Oechsle“. Das spezifische Gewicht des Mostes beträgt dann 1080. Umgerechnet hat ein solcher Most rund 17% Zucker. Nach der Vergärung enthält der daraus gekelterte Wein etwa 80 Gramm reinen Alkohol pro Liter bzw. 8 Gewichtsprozent, was einer Menge von 10,1 Volumenprozent entspricht.

Ohne Süße keine Gärung!

Der Most einer Normalernte eines mittelguten Jahrgangs hat in Deutschland im Allgemeinen ein Mostgewicht zwischen 70° und 80° Oechsle. Je nach Weinanbaugebiet, Rebsorte und klimatischen Bedingungen können erhebliche Unterschiede auftreten. Dabei können auch bei geringeren Mostgewichten duftige, würzige Weine gekeltert werden. Die Oechslezahl ist lediglich ein Maßstab zur Schätzung des Alkoholgehaltes. Geschmacksstoffe, Extraktgehalt, Säure und Duftstoffe stehen nicht in unbedingter Abhängigkeit zum Mostgewicht. Bei Jahrgängen, die von der Sonne stiefmütterlich behandelt wurden und wo die Zuckerbildung der Trauben nicht ausreichte, ist es üblich, dem Most vor (!) der Gärung Zucker zuzusetzen, um das Mostgewicht zu erhöhen. Zugesetzter Zucker wird dann wie der in den Trauben vorhandene in Alkohol verwandelt und trägt zur Bereicherung des Buketts bei. Die Anreicherung ist verboten zur Süßung der Weine ohne nachfolgende Gärung und bei allen Prädikatsweinen.

Deutsche Spitzenweine

Das Mostgewicht ist insofern eine wichtige Qualitätsaussage, als es angibt, wie viel Alkohol der Wein später haben wird. Deshalb ist auch für Spätlesen je nach Anbaugebiet und Rebsorte ein bestimmtes Mostgewicht vorgeschrieben, das in der Regel über 80° Oechsle liegt. Weine, die die Bezeichnung Kabinett, Spätlese oder Auslese führen, dürfen nicht aus gezuckerten Mosten hergestellt sein. Die Auslesen beginnen je nach Weinanbaugebiet und Rebsorte um 90° und reichen bis etwas 124° Oechsle. Für Beerenauslesen und Eisweine gelten 125° Oechsle als Untergrenze, für Trockenbeerenauslesen 150° Oechsle. Bei diesen auf der ganzen Welt einmaligen und anerkannten Spitzenerzeugnissen des deutschen Weinbaus werden diese Mindestmostgewichte jedoch in der Praxis deutlich überschritten.